Aktuelles

2023 10 Israel – Totale Eskalation

By Oktober 8, 2023No Comments

Abfotografiert von einem Fernsehkanal.

Liebe Vereinsmitglieder,

gerade erreicht uns eine eMail von Rektor Markus St. Bugnyár, dem Leiter des Österreichischen Hospiz in Jerusalem. Viele unserer Mitglieder haben ihn hier in Deutschland, aber noch mehr in Jerusalem selbst kennengelernt. Hier sein ungekürzter Situationsbericht von Sonntag. 08.10.2023.

Israel erlebt in diesen Stunden sein „Nine / Eleven“ eine nationale Katastrophe. 

(Am 11. September 2001 haben Al-Qaida-Terroristen Amerika angegriffen.)

400 Israelis sind tot, an die 1900 verletzt, eine unbekannte Zahl an Menschen entführt.
Auf palästinensischer Seite war heute früh von mehr als 280 Toten und 500 Verletzten zu hören. Die Zahlen ändern sich im Minutentakt.

All das innerhalb von 24 Stunden.
Während Sie das hier lesen, gehen die Kampfhandlungen weiter.

Die Regierung Netanyahu hat einen „gnadenlosen Kampf“ angekündigt, um die Hamas handlungsunfähig zu machen.

Niemand kann jetzt schon sagen, was das im Detail bedeutet.
Niemand weiß jetzt schon, wie andere Gruppen reagieren werden:
Die Hisbollah im Libanon, Extremisten in Jordanien, die Mullahs im Iran, die Palästinenser in der Westbank und die Araber, die innerhalb Israels leben.

Noch nie in der Geschichte des Landes hat es einen solche Eskalation gegeben.

Sie kennen mich: Ich bin ein großer Freund logischen Denkens und klarer Worte.

  • Wer diesen Angriff für eine Überraschung hält, übersieht, dass es seit Monaten massive Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern im Westjordanland gab.
  • Wer diesen Angriff für eine Überraschung hält, übersieht, dass es heuer im Mai bereits so etwas wie eine Generalprobe gab; auch an drei Fronten.
    Für uns hier vor Ort war es nur eine Frage der Zeit. Dass es passiert, war klar, das Wann war unklar. Bis gestern.
  • Wer meint, die Israelis sind aufgrund Ihrer Blockade des Gazastreifens selber schuld, übersieht (bewusst oder nicht), dass täglich Menschen und Güter die Grenze passieren und dass Gaza auch eine gemeinsame Grenze zu seinem muslimischen Bruderland Ägypten hat.
    Israel hat sich bereits 2005 aktiv aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen. Seit 2006 regiert hier die Hamas alleine. Es gibt hier – anders als im Westjordanland – weder jüdische Siedlungen noch israelische checkpoints. Wozu also dieses ungekannte Maß an Brutalität?

Die Hamas will – und diesen Punkt vermisse ich in der Berichterstattung – ihren palästinensischen Schwestern und Brüdern in der Westbank signalisieren:
Wir sind für euch da. Wir kämpfen für euch. Ihr könnt euch auf uns verlassen.
Denn: Eure eigene Führung in Ramallah tut es nicht.

Wer meint, die Hamas will hier lediglich ihre Partner im Libanon, im Iran und in Jordanien wachrütteln, der übersieht den wirklich tiefsitzenden Frust der Palästinenser in der Westbank mit ihrer eigen handlungsunfähigen und korrupten Elite.

Es geht also um beides:

Eine tödliche Bedrohung Israels mit einem möglichen Sturz der Regierung Netanyahu.
Ein Aufruf an die eigenen Leute im Westjordanland,
sich gegen ihre eigene Führung zu erheben,
sich mit der Hamas zu verbünden,
um dann gemeinsam Israel zu schwächen.

Was sich hier ankündigt, ist ein Krieg an mehr als drei Fronten.
Es ist nicht nur die Hamas gegen Israel UND Netanyahu um sein eigenes politisches Überleben.
Es ist Israel gegen seine Feinde innen und außen; und davon gibt es viele.

Währenddessen geht es uns im Pilger-Hospiz in Jerusalem gut.
Ich bleibe dabei: Die Nähe zu den Heiligen Stätten schützt uns.
Nicht weil ich so fromm wäre, sondern weil ich auch politisch denke.

Im Minutentakt kommen Stornierungen rein.
Verständlich.
Unsere Mitarbeiter kümmern sich um unsere Gäste vor Ort.
Noch schaffen wir das. Aber der Schaden wird gewaltig sein.

Bitte beten Sie. Nicht nur für uns. Sondern für alle Menschen.
Ganz gleich auf welcher Seite, ganz gleich welcher Religion.
Um Frieden und Sicherheit für jeden einzelnen.

Gott steh uns bei!

Rektor Markus St. Bugnyár

Österreichisches Hospiz – Sozialfonds
AT43 1919 0003 0015 0125
(Bankhaus Schelhammer und Schattera)