Das Oberschlesische Landesmuseum ist das zentrale Museum für die Geschichte und Kultur Oberschlesiens in Deutschland. Es sammelt und bewahrt das kulturelle Erbe einer Region im Herzen Europas, die im Laufe der Jahrhunderte durch vielfältige kulturelle, sprachliche und politische Einflüsse geprägt wurde.
Am 22. Juni besuchten wir mit einer kleinen Gruppe das Oberschlesische Landesmuseum.
Das Museum hat ähnliche Ziele wie unser Förderverein:
Es versteht sich als Partner im gesamteuropäischen Dialog und im Geiste der Völkerverständigung.
Dr. Marius Hirschfeld, Wissenschaftlicher Volontär, schilderte uns in seinem Vortrag die damaligen und heutigen gesellschaftliche Anforderungen wie Migration, Heimatverlust und Integration, Krieg und Frieden fundiert an der Situation Oberschlesien in 3 Epochen.
In seinem ca. 1-stündigen Vortrag ging Dr. Hirschfeld auf die Situation Flucht und Migration in den Jahren um 1900, bis 1945 und nach 1975 näher ein.
Arbeitsmigration
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen die Migrationsbewegungen in immer stärkerem Ausmaß auf die polnischsprachigen Gebiete im Osten Preußens überzugreifen und erreichten dort im letzten Viertel des Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Begünstigt wurde die Auswanderung durch das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. November 1867, das jedem Bundesangehörigen des ein Jahr zuvor gegründeten Norddeutschen Bundes die Niederlassung, den Erwerb von Grundeigentum und das Betreiben eines Gewerbes bzw. die Aufnahme einer Arbeit im gesamten Bundesgebiet erlaubte.
Flucht und Vertreibung als Kriegsfolge
Zwischen 1939 und 1950 fand eine Völkerwanderung statt, die etwa 25 bis 30 Millionen Menschen erfasste und nicht nur aus Flüchtlingen und Vertriebenen bestand. Zehntausende Kinder kehrten aus der Kinderlandverschickung zurück, Hunderttausende ehemals Evakuierter kamen nach Hause.
Millionen ehemaliger Soldaten, befreiter KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter waren unterwegs, um in ihre Heimatländer zurückzukehren. Die größte von Migration betroffene Gruppe waren etwa 14 Millionen Deutsche, die zwischen 1944 und 1950 der Flucht und Vertreibung zum Opfer fielen.
Die gewaltigen Flüchtlingsmassen mussten innerhalb der vier Besatzungszonen verteilt und integriert werden. Mit gut 3,3 Millionen Menschen kam der größte Anteil deutscher Flüchtlinge und Vertriebener aus Schlesien, gefolgt von 2,9 Millionen Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei, zwei Millionen Ostpreußen und mehr als zwei Millionen Deutschen aus der Kurmark, Brandenburg und Pommern.
Spätaussiedler – seit 1975
Mit diesen Einwanderern ist in Deutschland der Begriff „Aussiedler“ (seit 1975
„Spätaussiedler“) verbunden, die die größte Gruppe der heutigen Polnischsprachigen
in Deutschland bilden. Sie wurden direkt nach dem Krieg nicht „vertrieben“, auch
später nicht „ausgesiedelt“, sondern haben in verschiedenen Nachkriegsepochen auf
eigenes Betreiben, legal mit Ausreisedokument oder illegal mit Touristenvisum,
Polen verlassen. 1956 durften etwa 200.000 Deutsche, darunter auch viele
Autochthone, zum ersten Mal aus Polen offiziell emigrieren. Diese Gruppe ist
deswegen interessant, weil die jüngere Generation dieser Gruppe, die zum Teil
polnisches Abitur hatte, in Polen sozialisiert wurde. Ihre Erfahrungen mit dem
polnisch-kommunistischen, aber häufig nur als polnisch erfahrenen Staat und auch
mit der zu dieser Zeit weit verbreiteten antideutschen Stimmung unter der polnischen
Bevölkerung waren meistens schlecht. Gleichzeitig hat aber die Gruppe der
Zuwanderer viele Elemente polnischer Mentalität, Sprache und Kultur nach
Deutschland mitgebracht. Seit Jahrzehnten kann man beobachten, dass viele dieser
Deutschen im deutsch-polnischen Dialog aktiv sind und bis heute die polnische
Sprache beherrschen.2 Nach der Ausreisewelle 1956-1957 kam die Migration aus
Polen bis zum Ende der 60er Jahre zum Stillstand.
Erst seit Anfang der 70er Jahre öffneten sich die Schleusen, als Polens Regierung
Auslandsreisen für Privatpersonen zuließ. Die deutsch-polnischen Abkommen von
1970 und 1975 über die „Familienzusammenführung“, die bestehende Praxis der
Anerkennung der „Autochthonen“ als Aussiedler in der Bundesrepublik, aber auch
eine liberale Zuwanderungspolitik gegenüber „Ostblockmigranten“ hatten zur Folge,
dass die Einwanderung aus Polen, wo sich die ökonomische Lage zunehmend
verschlechterte, bis Ende der 80er Jahre förmlich explodierte: Zwischen 1980 und
1990 haben sich in Deutschland etwa 1 Million Zuwanderer aus Polen
niedergelassen.
Das Foto (©Ribbrock) zeigt die Tochter Gundula Sydow-Klein, Dr. Frank Mäuer vom OSLM und Dr. Gerhard Ribbrock, Mülheimer Städtepartnerschaftsverein e.V.
Erinnerung von bleibendem Wert, Gemälde Rathaus Opole, 1912
Der in Oppeln (heute Opole / Polen) geborene Erhard Karl Sydow verließ mit 16 Jahren Oppeln. Bis zu seinem Tod besaß er zur Erinnerung ein Gemälde, das den Blick auf das Rathaus von Oppeln darstellt. Das Bild wurde 1912 gemalt Leider ist nicht bekannt welcher Künstler sich hinter dem Monogramm „KJ“ verbirgt. Durch Vermittlung von Dr. Gerhard Ribbrock vom Mülheimer Städtepartnerschaftsverein e.V. ist das Gemälde jetzt dem Oberschlesischen Landesmuseum Ratingen (OSLM) übergeben (geschenkt) worden. Historisch bedeutend ist das Bild insofern, weil es den früheren Zustand des Rathauses darstellt, das nach Umbau in den 30er Jahren heute ohne die historischen Anbauten existiert. Es ist Frau Gundula Sydow-Klein wichtig, dass das Gemälde langfristig bewahrt wird und der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.