
Unsere Reisegruppe
Tag 1 der Reise
Früh um 6.00 Uhr starteten wir am Samstag, 17. 05.2025 unsere Reise Richtung Frankfurt/Oder. Nach einer problemlosen Fahrt, kürzeren und längeren Pausen und einem Test der Hörgeräte, die bei Führungen in den nächsten Tagen die Worte des Sprechers für alle hörbar machen sollten, gerieten wir leider auf der A10 vor Potsdam in einen Stau. Blühender Ginster am Rande der Autobahn und Regen begleiteten uns weiterhin bis zu unserem ersten Ziel. Etwas verspätet erreichten wir schließlich Frankfurt/Oder und trafen uns mit unserer Stadtführerin um 15.30 Uhr im Hotelfoyer. Dann begann der Spaziergang durch die Stadt.

Marienkirche in Frankfurt / Oder
Die Stadt Frankfurt an der Oder hat 58.000 Einwohner. Sie hat es nicht leicht, sich vorteilhaft zu präsentieren. Die Grenzlage und die Berlinnähe sind für viele junge Leute der Grund, die Stadt zu verlassen. Um so wichtiger war es unserer Stadtführerin, uns die schönen Seiten der Stadt zu präsentieren. Sie war stolz auf ihre Stadt und zeigte uns, was in der ehemaligen Hansestadt von Bedeutung ist.
Sehenswert waren der Angerpark mit Beamtensiedlung, das Kleistdenkmal (Heinrich von Kleist war Sohn dieser Stadt), das Kleistmuseum, das imposante Rathaus, die Universität Viadrina, und das alte, schlossähnliche Postgebäude. Der Oderturm in schlichter Hochhausbauweise galt als Errungenschaft der modernen Zeit.
Der Höhepunkt der Führung war sicherlich die wieder aufgebaute Marienkirche, die heute als kulturelle Begegnungsstätte genutzt wird.
Schließlich erreichten wir das Oderufer an der Friedensglocke. Von hier schauten wir hinüber nach Slubice, dem polnischen Teil der Stadt.
Wir waren beeindruckt von dem Engagement der Stadtführerin für ihre Stadt und hörten ihr gespannt zu. Um 18.00 Uhr erreichten wir wieder in unser Hotel, wo schon das Abendessen auf uns wartete.
Tag 2 der Reise
Am Sonntag, 18.05., traten wir um 9.30 Uhr die Weiterfahrt nach Warschau an.

Das Rathaus von Posen
Zunächst begrüßte uns unsere sehr engagierte polnische Reiseleiterin Julita, die uns in den nächsten sieben Tagen ihr Land zeigen und Begeisterung für Polen wecken wollte. So berichtete sie über Veränderungen des Landes, über Ein- und Auswanderer und die großen Fortschritte unter anderem durch Gelder der EU.
Julitas Heimatstadt Posen erreichten wir zur Mittagspause. Unser Ziel war der wunderschön wieder aufgebaute Kern der historischen Altstadt mit seinem herrlichen Marktplatz. Das dreistöckige Renaissance-Rathaus verleiht dem Platz italienisches Flair. Es wurde Mitte des 16. Jh. nach einer Feuersbrunst durch den Italiener Giovanni Battista Quadro geschaffen.
Um 14.45 Uhr fuhren wir weiter. Wir ließen uns leckere polnische Süßigkeiten schmecken, die Ulla Schröder mitgegeben hatte, doch leider selbst die Reise absagen musste. Julita sprach über das polnische Essen und ließ allerlei Köstlichkeiten vor unserem geistigen Auge entstehen. Der Hunger war geweckt, und wir freuten uns auf das Abendessen in Warschau. Zuvor jedoch musste unser Busfahrer Maik ein kompliziertes Einparkmanöver, das sämtliche Fahrkünste forderte, auf dem Hotelparkplatz meistern.
Tag 3 der Reise
Am Montag, 19. 05., stand eine Stadtführung mit einer Gästeführerin aus Warschau auf dem Programm.
Die polnische Hauptstadt ist reich an Parkanlagen und Grünflächen. So war unser erstes Ziel der Palac na Wyspie, der Inselpalast, so genannt wegen seiner Lage in einem See innerhalb einer herrlichen Grünanlage. Dieser Park zeigt eine Verbindung akkurater französischer Gartenkunst und englischer Landschaftsgestaltung.
Auf dem Königsweg ging es mit dem Bus stadteinwärts, vorbei an weiteren Parkanlagen und Palästen, die heute zum Teil als Botschaften genutzt werden. Das Chopin-Denkmal im Rosengarten erinnert an den berühmten Sohn der Stadt.
Unser nächstes Ziel war die Warschauer Altstadt, die nach 1945 völlig zerstört war. Sie wurde nach alten Plänen und Bildern detailgetreu rekonstruiert. 1980 honorierte die UNESCO die gewaltige Anstrengung und erklärte die gesamte Warschauer Altstadt zum Weltkulturerbe. Königsschloss und Sigismund-Säule beherrschen den großen Platz im Mittelpunkt der Altstadt. Von dort aus erreichten wir zu Fuß weitere Sehenswürdigkeiten und Erinnerungsstätten der Stadt: den Gettobezirk, die Kathedrale und die teilweise rekonstruierte Stadtmauer mit Stadttor, das in die Neustadt führt.

Das Jüdische Museum Polin in Warschau
Nach der Mittagspause war das Jüdische Museum Polin unser Ziel. Um die jüdische Geschichte Warschaus zu präsentieren, schuf ein finnisches Architektenteam einen quaderförmigen gläsernen Bau mit einem unregelmäßigen Riss, der den Weg der Juden durch das Rote Meer symbolisieren soll. Das Warschauer Getto befand sich in der Nähe des heutigen Museums. Die modern gestaltete Präsentation stellte in beeindruckender Weise das Schicksal der Warschauer Juden dar.
Das Holocaust Mahnmal in Museumsnähe erinnert an die Helden des Gettos und ihre tragische Geschichte. Willy Brandt sank vor diesem Denkmal 1970 erschüttert auf die Knie.
Tag 4 der Reise
Der Dienstag, 20.05., stand zur freien Verfügung.
Viele von uns wählten als erstes Ziel den wuchtigen Palast der Kultur

Kulturpalast von Warschau
und Wissenschaft. Der 230 m hohe Wolkenkratzer war das ungeliebte Geschenk Stalins und wurde 1952 – 55 in „stalinistischem Barock“ errichtet. Von der Aussichtsplattform im 30. Stock genossen wir einen tollen Rundblick auf Warschau.
Wir sahen die interessante, moderne Architektur der vielen Hochhäuser aus anderer Perspektive. Sie zeugen vom internationalem Buisinessleben Polens.
Der Tag bot Gelegenheit viele weitere Sehenswürdigkeiten Warschaus in eigener Regie aufzusuchen. Wir durchwanderten den Sächsischen Garten mit dem Grabmal des Unbekannten Soldaten, bummelten durch Gassen und Plätze und besichtigten Kirchen oder Museen. Für Stärkung und Erfrischung sorgten die vielen Restaurants und Cafés.
Am Abend trafen wir uns zum gemeinsamen Abendessen, das dieses Mal nicht im Hotel, sondern in einem Restaurant in der Altstadt stattfand.
Tag 5 der Reise
Am Mittwoch, den 21.05. hieß es früh aufzustehen, denn es ging mit dem Bus nach Czestochowa (Tschenstochau). Julita sprach auf der Fahrt über Politik (ihre Parteilichkeit für den proeuropäischen Kandidaten bei der bevorstehenden Präsidentenwahl war nicht zu leugnen – glücklicherweise), Geschichte und die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs und setzte hinzu: „Krieg verändert alles – nicht nur in den unmittelbar beteiligten Ländern.“

Schwarze Madonna von Tschenstochau
Tschenstochau ist bekannt wegen der schwarzen Madonna im Kloster auf dem Jasna Gora („heller Berg“). Wohl seit der erfolglosen Belagerung des Paulinenklosters im 17. Jahrhundert durch die Schweden ist sie die symbolische Königin Polens und wird als Gnadenbild verehrt. Schwarz ist die aus der Ukraine stammende Madonna nicht, allerdings ein bisschen dunkelhäutig und sie trägt sichtbare Narben. Es herrschte großer Betrieb, viele Besucher kommen mit Kindern, z.T. in Erstkommuniongewändern, z.T. in Trachten. Reger Betrieb herrscht auch in der Kapelle, in der eine Messe nach der anderen gelesen wird. Trotz andächtiger Stimmung kann man schweigend bei laufendem Gottesdienst rings um den Altar gehen. Das machten auch alle Besuchergruppen. Die Führung ging noch in die daneben liegende Basilika, kurz auf das Außengelände, und dann ab in die Schatzkammer.
Auf der Weiterfahrt empfahl uns Julita wärmstens und ausführlich Alfons Nossol, den sie sehr bewundert. Es handelt sich um einen schlesischen römisch-katholischen Theologen, der die deutsche und die polnische Staatsbürgerschaft besitzt, Professor und emeritierter Bischof von Opole, der sich intensiv um die polnisch-deutsche Versöhnung und Verständigung zwischen den verschiedenen Konfessionen gemüht hat.
Vom Bus aus sahen wir viel Landschaft – weite Felder, Wiesen, Wälder, so ähnlich, wie man sich Polen vielleicht vorstellt, aber ganz anders als Warschau.
Bei Julita war diesmal Schlesien Thema, schlesisches Nationalbewusstsein, schlesische Rezepte… Es wurde klar, dass Schlesien kein deutsches Stammland ist, eher ein Land für sich, das in der Geschichte immer wieder hin- und hergeschoben wurde.
Beim Abendessen in Opole (Oppeln) setzte sich das Thema auch als Unterhaltung über Bewahren und Vergessen der Vergangenheit fort.
Tag 6 der Reise
Am Donnerstag, den 22.05. lag der Schwerpunkt bei „Polen und Deutsche“. Es war der einzige Tag ganz ohne Bus. Nach dem Frühstücksbüffet begann das Programm im Rathaus mit dem Empfang beim Stadtpräsidenten, der seit mehr als zehn Jahren im Amt ist. Das Rathaus ist ein Renaissance-Bau, architektonisch angelehnt an den Palazzo Vecchio in Florenz. Wir saßen in einem Konferenzraum, wurden mit Kaffee, Wasser und Plätzchen bewirtet und von Stellvertretern begrüßt.
Der Dolmetscher sprach gut Deutsch, er kommt wohl aus einer polnischen Familie, die nach Deutschland migriert ist, wohnt aber selbst jetzt in Polen. Neben Mülheim hat Opole weitere deutsche Partnerstädte: Potsdam und Ingolstadt, außerdem gibt es eine Städtefreundschaft mit Bonn. Weitere Partnerstädte liegen in den USA, in Ungarn, Finnland, Italien, Frankreich, der Ukraine, auch Tschechien und Russland…- Carrara, Grasse, Ingolstadt und Opole schlossen darüber hinaus 2000 noch einen vierseitigen Partnerschaftsvertrag. Wenig spezifisch auf die Partnerstadt Mülheim und die anwesenden Gäste ausgerichtet war dann die Begrüßung des Stadtpräsidenten, der uns einen sehr allgemeinen Überblick über die Stadt gab: die Verwaltung, die Bildung, die Wirtschaft. Von besonderer Bedeutung für Opole ist das Festival des polnischen Liedes, das jedes Jahr drei Tage im Juni stattfindet. Über die wenig persönliche Begegnung war vor allem unser Leiter, Gerhard Ribbrock, betrübt und er macht keinen Hehl daraus. Sein Bestreben liegt eigentlich vor allem darin, tatsächlichen Bürgeraustausch zu unterstützen, echte Beziehungen zu ermöglichen. Bei diesem Bestreben findet er kaum die Unterstützung der Stadt. Er ist deshalb auf eigene, halb private Beziehungen angewiesen, die dann auch bei der Nachmittags- und Abendgestaltung zum Zuge kommen sollten.

Empfang im Rathaus von Oppeln

Kunstgalerie in Oppeln
Nachdem wir noch den historischen Ratssaal des Oppelner Rathauses besichtigt hatten, bekam jede*r eine Tüte mit Opole-Souvenirs und wir brachen auf zur Stadtführung. Die wieder sehr freundliche und nette Guide, hatte nun leider die Aufgabe, uns am einzigen Regentag durch die Stadt zu führen. Das tat sie aber mit Bravour und Regenschirm, zeigt uns die Spuren des Oder-Hochwassers am Ryneck, selbigen sowieso mit den restaurierten Bürgerhäusern des 18. Jahrhunderts, die Bergelkirche (die älteste „Kirche zur schmerzhaften Mutter Gottes“), die Pfennigbrücke (früher gut für die Erhebung einer Maut), Teile der Universität und die Philharmonie… Es gibt sogar eine „Allee der Stars des polnischen Liedguts“, kenntlich gemacht durch bronzene Sterne im Boden, einen polnischen walk of fame. Es war schade, dass es regnete, einige Ansichten gewinnen sicher im Sonnenlicht noch mehr.Nach einer kurzen Mittagspause gingen wir ins „Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen“. Das existiert erst seit 2022 und präsentiert in einer sehr modernen Art und Weise die Geschichte Schlesiens, d.h. polnisch-deutsche, schlesische, auch jüdische, tschechische, ukrainische Geschichte. Multimediale Elemente, Fotos und Videos, originale und reproduzierte Zeugen der Zeiten vom Mittelalter bis heute. Super interessant, alles in Polnisch und in Deutsch erklärt. Was uns die Leiterin des Zentrums, Weronika Wiese noch zusammenfassend mit auf den Weg gab, ist die Aussage, dass es kein Schwarz und Weiß gibt. Mag das zunächst auch platt klingen, im Hinblick auf die schlesische Geschichte ist das wichtig. Wie ist dieser Landstrich hin- und hergeschoben worden zwischen verschiedenen Nationen. Von „wegen deutsches Land“ Schlesisches. Nach diesen 120 Minuten tat es ganz gut, im Anschluss anderes zu machen: Wir besuchten zwei unterschiedliche Galerien von Künstlern, die wiederum auf unterschiedliche Weise mit Mülheim bzw. Deutschland verbunden sind.
Zum gemeinsamen Abendessen trafen wir uns dann mit diesen und weiteren Künstlern in einem Lokal in Opole, mit Saxophon-Begleitung von Herr Schneeweis, der auch schon in Mülheim war. Wir saßen an einer langen, opulent gedeckten Tafel. Mit den polnischen Gästen konnten natürlich nur wenige reden, aber auch alle anderen befanden sich in regem Austausch. So lernten sich nach und nach wirklich viele etwas näher kennen. Wieder gab es viel mehr, als wir essen konnten. Wieder war es lecker: Salat, Gemüse und dreierlei Sorten Fleisch mit kleinen Klößen. Und natürlich Nachtisch…
Es war ganz gut, dass wir bis zum Hotel noch mal ein paar Schritte gehen mussten.
Tag 7 der Reise
Am Freitag, den 23.05. fuhren wir gegen 9.30 h los durch weitgehend flaches Land.
Dörfer, kleine Städte, die Autobahn führt durch Felder, auch durch Wälder – zeitweise ist sie voll von Lkws. Auf der Rückfahrt sah man die Sudeten in der Ferne.
Julita saß wieder am Mikrofon: Sie erzählte von St. Anna, der Schutzpatronin Schlesiens, die in der kleinen Kirche Anna selbdritt in Annaberg verehrt wird. Der Annaberg war in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von polnischen und deutschen Nationalisten heftig umkämpft. Julita sprach von der Versöhnung, die 2005 im „Gesetz über nationale und ethnische Minderheiten sowie die Regionalsprache“ ihren Niederschlag fand. Den Angehörigen alteingesessener nicht-polnischer Bevölkerungsgruppen garantiert es u. a. das Recht auf den Gebrauch der Muttersprache in der Verwaltung und das Recht auf muttersprachlichen Unterricht sowie auf die eigene Kultur. Betroffen sind hiervon nicht nur Deutschstämmige, auch Litauer, Tschechen, Ukrainer, Weißrussen, Armenier, Slowaken… Es vermittelte eine Idee von der komplizierten polnischen Geschichte mit ihren vielen Grenz- und Völkerverschiebungen.

Auschwitz Stammlager
Julita liegt der Versöhnungsgedanke sehr nahe. Sie erzählte noch über die Flucht der ersten Ukrainerinnen zu Beginn des augenblicklichen Krieges, davon, was sie da erlebt hatte, dem Flüchtlingsstrom, der von Europäern übernommen wurde, von Tränen der Fliehenden und der Helfer*innen und von ihrem Zorn, wenn inzwischen Polen den Ukrainerinnen vorwerfen, selbst schuld zu sein am Krieg, von den USA aufgestachelt worden zu sein. Sie war erkennbar bewegt.
Und sie erinnerte an die Geschichte des 2. Weltkriegs, als am 31.8.1939 der Radiosender von Gleiwitz / Gliwice überfallen wurde, scheinbar von polnischen Soldaten, real aber von Deutschen, deren Anführer ein Deutscher war (Alfred Naujoks). Nach dem 2.WK wurde er von Amerikanern festgenommen und in Dänemark sehr milde verurteilt, lebte aber später weitgehend unbehelligt in Hamburg.
Auf der Autobahn wurden wir von der Polizei angehalten und sollten kontrolliert werden. Aber Julita brachte es fertig, diese Kontrolle abzuwenden („Lauter Senioren, Termin für Führung, Kontrolle auf der Rückfahrt möglich“)
An Katowice vorbei. Im Umfeld erkennt man die Industriegebäude, die zur Hauptstadt des Bezirks Schlesien gehören, während Opole Hauptstadt Oberschlesiens ist. Die industrielle Entwicklung Polens nahm hier ihren Ausgang, bis heute handelt es sich um das größte Industriegebiet von Polen.
Ankunft in Auschwitz, am Stammlager. Julita bereitete uns auf den „Tag der Stille“ vor, der für alle emotional nicht ganz einfach sein dürfte.

Auschwitz Birkenau
Unsere Guide Magda war mit Gefühlsäußerungen zurückhaltend, sie stellte die Abläufe ziemlich sachlich in gutem Deutsch vor. Die Sachlichkeit hilft einerseits jeden Anflug von oberflächlicher Sentimentalität zu vermeiden, machte aber andererseits die Ungeheuerlichkeit besonders deutlich. Wie weit kann sich ein Mensch im Auftrag einer vermeintlichen Pflicht, einer Ideologie, einer Effektivierung von menschlicher Regung entfernen?
Zwei Stunden hielten wir uns im Stammlager auf. Im streng geregelten und gut organisierten Konzentrationslager. Wir fuhren dann mit dem eigenen Bus weiter nach Birkenau.
Es ist so unfassbar. Industrielle Massentötung – das wird in Birkenau, obwohl die Holzbaracken, die hier gestanden haben, nicht mehr zu sehen sind, noch sinnlicher erfahrbar, aber begreifbar wird das Phänomen trotzdem nicht.
Auf dem Rad des einen Waggons, der an der Selektionsrampe steht, entdeckte Wolfgang den Schriftzug „Friedrich-Wilhelms-Hütte Mülheim“.
Unser Fahrer, der uns begleitete, meinte, deutsche Schüler müssten solche Gedenkstätten zwangsweise besuchen. Aber vielleicht ermöglichen altersgemischte Besuchergruppen eher eine wirkliche Auseinandersetzung damit.
Auf der Rückfahrt lag so schönes Licht auf Wiesen und Kornfeldern. Im Bus aber war es still.
Tag 8 der Reise
Beim Frühstück am Samstag, den 24.05. gab es wie immer Gespräche – diesmal über den Umgang vor allem der Herkunftsfamilien mit der deutschen Vergangenheit. Entspannte Abfahrt, aber ein für beide Seiten trauriger Abschied von Julita.
Die Stadt lag im strahlenden Sonnenschein. Opole zeigte sich von seiner besten Seite.
Grenze bei Görlitz – sehr lange Schlangen, vor allem die LKWs stauen sich. Mike kommentierte gegenüber den Jungs vom Zoll: „28 Senioren aus Mülheim“. Das führte zur unbehinderten Weiterfahrt.

Unser Hotel in Dresden
In Dresden hatten wir aus dem 9. und 10. Stock des Hotels eine gute Übersicht über die Stadt, auch über das nächtliche Feuerwerk. Nach zwei Stunden „Freigang“ in gut bevölkerten, sehr lebhaften Straßen fanden sich alle im „Sophienkeller“ im Taschenberg-Palais gegenüberdes Zwinger ein. Das Personal arbeitete dort ca. 3 Stunden im absoluten Hochdruckmodus in einem rappelvollen Lokal. Unsere halbe Gruppe konnte um einen sehr großen runden Tisch herumsitzen.
Tag 9, der Rückreisetag
Am nächsten Morgen regnete es. Das passte zum Abschied.
Die Woche war intensiv, anregend und anstrengend. Mit dieser Gruppe war das glücklicherweise gut zu bewältigen – das hätte sonst schwieriger sein können.
PS.
Nach unserer Rückkehr fand die Stichwahl um den Posten des Staatspräsidenten statt. Julita wird über den Ausgang nicht glücklich sein; sie ist leidenschaftliche Europäerin. Aber wir, finde ich, dürfen zwar nach dem Erleben von Polen fragend den Kopf schütteln, müssen uns mit einem Urteil darüber aber sehr zurückhalten. Zum einen, weil, wer fast im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte, zum anderen, weil Deutschland in der Vergangenheit vermutlich einen ordentlichen Beitrag zur Entstehung eines polnischen Nationalismus geleistet hat…
Texte: Angelika Büchner, Hildegard Michels, Wolfgang Michels
Fotos: Gerhard Ribbrock